Wie leben ältere Menschen in Österreich und welche Ansprüche und Wünsche haben sie an ihr Wohn- und Lebensumfeld? Die zweite Tranche des „Wohnmonitors Alter“ von Univ.- Prof. Dr. Franz Kolland, Leiter des Kompetenzzentrums für Gerontologie und Gesundheitsforschung an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften und seinem Team, in Zusammenarbeit mit SeneCura, hat in einer österreichweiten Studie nach dem ersten Durchgang 2018 erneut die Wohnsituation und -bedürfnisse der Österreicher:innen über 60 Jahre erhoben und ortet Veränderungen durch die vorherrschenden multiplen Krisen: Die Wohnzufriedenheit ist im Vergleich zu 2018 insbesondere bei Alleinlebenden gesunken, ein Umzug ist jedoch für wenige eine Option. Ein Verbleib in der vertrauten Wohnumgebung wird bevorzugt, am besten in den eigenen vier Wänden. Um dennoch auch außerhalb dieses Umfeldes aktiv zu sein, werden neben der Nachbarschaft digitale Hilfsgeräte wie Smartwatches, Sprachassistenz und/oder Staubsaugroboter auch im höheren Alter immer beliebter.

Eine hohe Eigentumsquote ist wie im Jahr 2018 ein Merkmal des Wohnens im Alter. 62 Prozent der älteren Bevölkerung über 60 Jahre lebt in Eigentumsverhältnissen, 2018 waren es 67 Prozent. Derzeit leben fast vier von zehn älteren Österreicher:innen (38 %) in einem Mietverhältnis, zwölf Prozent in einer Genossenschaftswohnung. Gerade die Mieter:innen zeigen sich besonders von den zurzeit vorherrschenden Krisen betroffen: So hat rund ein Fünftel der Eigentümer:innen (28 %) Probleme, mit dem Haushaltseinkommen auszukommen. Bei den Mieter:innen fällt es jedoch mehr als der Hälfte (52 %) nicht leicht, die laufenden Ausgaben zu tätigen. Die Notwendigkeit nach einer barrierefreien Wohnmöglichkeit ergibt sich unabhängig von der Wohnform. Jedoch geben nur 20 Prozent an, eine solche barrierefreie Wohnform zu besitzen und sechs Prozent planen einen Umbau. Eine Umrüstung zu diesen Zwecken verursacht zusätzliche Kosten. Dazu kommt, dass ein gutes Drittel (34 %) der über 60-Jährigen alleine wohnt und die Kosten so zumeist ohne weitere Unterstützung auch alleine stemmen müsste. In diese Richtung denkt auch Peter Kostelka, Präsident des Pensionistenverbandes Österreich: „Die Studie zeigt, dass die Teuerung ein großes Thema ist. Darum sind Förderungen wichtig, die die älteren Menschen dabei unterstützen, ihre Wohnungen bzw. Häuser altersgerecht und barrierefrei machen zu können. In einer barrierefreien Wohnmöglichkeit können die älteren Menschen länger leben und so kann auch ihre finanzielle Lage wie auch das Pflegesystem selbst etwas entlastet werden.“

Gesunkene Wohnzufriedenheit bei geringer Umzugsbereitschaft
Auch bei der Wohnzufriedenheit machen sich die multiplen Krisen bemerkbar. Gaben 2018 noch 55 Prozent der Befragten an, sehr zufrieden mit ihrer Wohnsituation zu sein, sind es 2023 nur noch 49 Prozent. Je älter, desto zufriedener: Bei den Über-80-Jährigen sind 63 Prozent zufrieden, bei den 70-bis-79-Jähringen sind es nur mehr 48 Prozent, bei den 60-bis-69-Jährigen 45 Prozent. Die Unzufriedenheit korreliert auch mit der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen. So beschreibt sich fast ein Viertel (23 %) der Alleinlebenden als „wenig zufrieden“. Bei den Personen in Mehrpersonenhaushalten sieht das nur jede zehnte ältere Person (11 %) so. Laut Studienautor Univ.- Prof. Dr. Franz Kolland, international anerkannter Soziologe und Gerontologe, und seiner Mitarbeiterin Rebekka Rohner, BA MA, die maßgeblich an der Erarbeitung der Studie beteiligt war, könnte dies an der COVID-19-Pandemie und den hohen psychischen Belastungen sowie an dem höheren finanziellen Druck für Einpersonenhaushalte durch die Inflation liegen. Ein Umzug im höheren Alter ist nichtsdestotrotz für 62 Prozent der Befragten unwahrscheinlich – vor fünf Jahren waren das 50 Prozent. Eine mögliche Erklärung könnte auch hier die aktuelle Teuerungswelle sowie die Sehnsucht nach Sicherheit und Stabilität in Krisenzeiten sein.

„Aging in Place“ mit digitaler Öffnung
Für die Mehrheit der älteren Generation ist ein Verbleib in der vertrauten Wohnumgebung über die gesamte Phase des Alterns, auch „Aging in Place“ genannt, ein großer Wunsch. Auch bei schlechterem gesundheitlichem Zustand wollen die meisten älteren Menschen in ihrem privaten Zuhause bleiben. Beliebte Unterstützungsmöglichkeiten sind dabei insbesondere Unterstützung durch den ambulanten Pflegedienst bei 82 Prozent und die Pflege durch Angehörige bei 66 Prozent der Teilnehmenden. Aber auch eine 24-Stunden-Betreuung ist für knapp die Hälfte der Befragten (49 %) interessant. „Ein stark spürbarer Trend geht in Richtung neue Biedermeierzeit. Sie kennzeichnet den Rückzug ins eigene Heim und sieht das Zuhause als höchstes Gut. Auch die Senior:innen heute ziehen sich am liebsten in die eigenen vier Wände zurück und wollen dort auch ihr Leben im Alter bleiben. Der Kontakt zur Außenwelt erfolgt hier immer mehr durch die Mittel der Digitalisierung“, so Kolland. Das Stichwort „Digitales“ beschreibt einen Aufwärtstrend. So besitzt mittlerweile jede:r Neunte der Befragten entweder eine Smartwatch, Sprachassistenz und/oder einen Staubsaugroboter. Diese Zahlen zeigen einen deutlichen Anstieg von zwei Prozent im Jahr 2018 auf zwölf Prozent im Jahr 2023.

Nachbar:innen – eine wichtige Stütze im ländlichen Wohnumfeld
Neben digitalen Hilfsmitteln stellen auch die Nachbar:innen im Alter wichtige Kontakte zur Außenwelt dar. Ein Grund dafür ist, dass der Alltag im Alter zu einem großen Teil rund um die eigene Wohnumgebung und so um die Nachbarschaft abläuft. Dieses Phänomen ist vor allem in kleineren Ortschaften verstärkt ausgeprägt. So stellt die Nachbarschaft für 60 Prozent der Befragten in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohner:innen eine wichtige Unterstützung im Alltag dar, während dies auf nur 38 Prozent der Befragten in Großstädten zutrifft. Das lässt sich darauf zurückführen, dass in den ländlichen Bereichen noch verstärkt auf Pflege und Betreuung durch das nahe Umfeld, wie zum Beispiel durch Nachbar:innen, zurückgegriffen wird. Ein enger Kontakt zur Nachbarschaft bedeutet aber neben Unterstützung und soziale Eingebundenheit, für viele, gerade am Land Lebende, auch Abhängigkeit. So fühlen sich 37 Prozent der Personen mit schlechter subjektiver Gesundheit am Land auf ihre Nachbar:innen angewiesen, im Vergleich zu 22 Prozent der Personen mit guter Gesundheit. In der Großstadt sehen sich nur 14 Prozent der Befragten mit schlechter Gesundheit auf ihre Nachbar:innen angewiesen.

Wohnpräferenzen fürs höhere Alter
Für die zukünftige Wohnsituation haben die Befragten klare Wünsche und Präferenzen. So ist aufgrund des Wunsches, zuhause alt zu werden, das Interesse an Wohnoptionen außerhalb der eigenen vier Wände eher gering. Die meisten Befragten wollen unter Betreuung oder Pflege von Angehörigen zu Hause bleiben und dabei keine professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen. Bei einem Wohnungswechsel ist der Umzug in ein betreutes Wohnen mit 39 Prozent am beliebtesten. Zusätzlich geben 33 Prozent an, dass, wenn es notwendig wäre, diese Option für sie in Frage käme. Mehrgenerationenhäuser und Alters-WGs werden von rund der Hälfte der Befragten abgelehnt. Die stärkste Skepsis erfährt jedoch die Ko-Residenz mit Angehörigen mit nur sechs Prozent Zustimmung – hierbei ist nur die Pflege, nicht aber das Zusammenwohnen erwünscht. Die Entwicklung zum betreuten Wohnen ist bei den jüngeren Altersgruppen am stärksten ausgeprägt. So haben 44 Prozent der 60-bis-69-Jährigen Interesse am betreuten Wohnen, im Vergleich zu nur 29 Prozent der über 80-Jährigen.

Pflegeheime als passende Wohnform bei pflegerischem Bedarf
Bei den Pflegeheimen hatte die Corona-Krise einen wesentlichen Einfluss auf das Meinungsbild der Bevölkerung – so kann eine Verschlechterung des Stimmungsbildes gegenüber Pflegeheimen festgestellt werden. Gründe sind, dass Pflegeheime während der Pandemie in Hinsicht auf Kommunikation mit Menschen außerhalb von Pflegeheimen oder in Hinsicht auf die gesundheitliche Situation der Bewohner:innen oft als ungünstige Wohnform dargestellt wurden. Ein Einzug in eine dieser Einrichtungen wird dennoch nicht dezidiert abgelehnt, sondern dann als mögliche Wohnform gesehen, wenn umfassende Pflege notwendig sei. So geben 55 Prozent der Befragten an, dass sie, wenn der pflegerische Bedarf dafür gegeben sei, in ein Pflegeheim ziehen würden. Dementsprechend werden Pflegeheime weniger als Wohnoption, sondern eher als Pflegeoption gesehen. Markus Schwarz, COO der SeneCura Gruppe, nimmt zu diesen Entwicklungen Stellung und meint: „Als führender privater Betreiber von Pflegeinrichtungen analysieren wir genau, wo die Bedürfnisse und Wünsche der Altersgruppen liegen und entwickeln dann dementsprechend passende Angebote dafür. Ein Fokus liegt bereits und wird auch in Zukunft verstärkt auf der Wohnform des betreuten Wohnens liegen“.